Personalsuche
10.03.2022
„Erzählen Sie doch gerne einmal etwas über sich, Frau Schmidt!“
„Ich beschreibe mich als verlässliche, stets aufgeschlossene und teamfähige Mitarbeiterin, welche Ihrem Unternehmen mit ihren Referenzen definitiv bereichern würde. Zuvor habe ich bereits in dieser Position arbeiten können und würde mich freuen, in Zukunft bei Ihnen mitwirken zu dürfen. Zudem…“
So oder so ähnlich lautet eine der vermutlich beliebtesten Frage-Antwortkombinationen im Rahmen eines beruflichen Vorstellungsgesprächs, schließlich ist es genau unsere Persönlichkeit, die das Handeln in sämtlichen Tätigkeitsbereichen maßgeblich prägt und beeinflusst. „Jeder Mensch hat einen originären Kern. Eine Identität, die nur ihm zu eigen ist“ – wie bereits der amerikanische Maler Edward Hopper treffend postulierte, ist unsere Persönlichkeit – und somit das, was uns wirklich ausmacht – einhundertprozentig individuell, bei jeder Person einzigartig. Daher ist es folglich wenig überraschend, dass meist eine der berühmt-berüchtigten Fragen bei Vorstellungsgesprächen wie oben erwähnt lautet: „Erzählen Sie doch gerne einmal etwas über sich, Frau Schmidt!“
Besagte Frau Schmidt hat nun zweierlei Möglichkeiten, wobei eine von ihnen unweigerlich subjektive Färbung aufweist: entweder sie reflektiert ehrlich ihre Stärken und Schwächen, berichtet wahrheitsgetreu, wer sie glaubt zu sein. Oder sie erzählt das, was ihr Gegenüber mutmaßender Weise hören möchte, um besagte Stellenausschreibung für sich zu gewinnen. Egal, für welche der beiden Wege sich unsere Kandidatin entscheiden wird, es bleibt schlichtweg ein Problem: die Frage nach der Authentizität. Selbst wenn Frau Schmidt von sich behauptet, ehrlich und realistisch über sich zu berichten, bleibt dennoch ihr Urteilsvermögen getrübt durch die eigene Wahrnehmungskraft.
Um dieses Problem zu umgehen und sich ein wissenschaftlich evidentes Bild davon zu errichten, wer besagte Person nun wirklich ist, die einem im Bewerbungsgespräch gegenübersitzt, ist eine Methode entwickelt worden, die Arbeitgeber_innen verdeutlichen soll, ob der oder die Bewerber_in ins Team integrierbar ist oder auch nicht: die Rede ist von Persönlichkeitstests. Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften belegt hier, dass im Jahr 2005 etwa 33% der Schweizer Unternehmen Persönlichkeitstests zur Eignungsdiagnostik ihrer Bewerber*innen nutzten. In den Großunternehmen der westeuropäischen EU-Staaten kletterten die Werte sogar auf schätzungsweise über 50%: ein Rekordwert.
Wie wir sehen, ist die Nachfrage an Belegen zu etwas, das eigentlich nicht exakt belegbar ist, enorm, weshalb Persönlichkeitstests aktuell hoch im Diskurs stehen. Was genau darunter zu verstehen ist, wie diese funktionieren und ob sich das Verfahren in Frau Schmidts Fall bei einem Jobinterview rentiert, sehen Sie jetzt in diesem Artikel!
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Wie beinahe alles in unserem menschlichen Körper lassen sich heutzutage selbst Aspekte abbilden, die nicht sichtbar oder konkret aufzuzeichnen wären- so sicher auch unsere Gedanken. Ist das nicht der primäre Sinn eines solchen Tests?
Nun, ganz richtig ist diese These so nicht, denn es werden nicht die konkreten Gedanken einer Person bemessen, sondern eine Einschätzung über Verhaltens- und Gedankenmuster des Probanden oder der Probandin abgeben. Der Rahmen einer solchen Persönlichkeitsanalyse findet heutzutage wahnsinnig vielfältige Einsatzmöglichkeiten – neben** klinischer Psychologie, Karriere-Coaching, Teambildung, Persönlichkeitsentwicklung** und sogar Zeitschriften aller Art erobern die Tests in Rekordtempo auch unseren Bereich, der Personalselektion in Assessment-Centern. Zusammengefasst treffen wir sie also überall dort an, wo Merkmale der Identität für eine Entscheidungsfindung gefragt sind.
Die meisten von uns haben vermutlich bereits einen Persönlichkeitstest absolviert. Sei es der Fragebogen in der neuesten Ausgabe einer Klatsch-und-Tratsch-Zeitschrift oder im Internet: der Mensch strebt stets nach Aufklärung und Wissen, so auch über sich selbst. Und letztendlich liegen sowohl dem Quiz, welcher Filmcharakter einem am ehesten entsprechen würde, als auch einem professionellen Einstellungstest dasselbe Prinzip zugrunde: es werden Denkanstöße in Form von Fragen geliefert, die unsere Selbst- oder auch Fremdbeurteilung systematisch abfragt. Anschließend werden die Teilnehmenden anhand einer manuellen oder heutzutage vermehrt computergestützten Auswertung in eins der vorab festgelegten Charakterprofile sortiert.
Allgemein lassen sich Persönlichkeitsanalysen in drei Unterkategorien gliedern: objektiv, projektiv und psychometrisch. Erstere sind Selbstbeurteilungen, bei denen entweder direkter oder nur indirekter Zusammenhang zwischen Fragen und gemessenen Persönlichkeitsmerkmalen besteht. Die beiden letzteren Kategorien basieren auf Fragebögen, die entweder zum Vergleich der Persönlichkeitsmerkmale anhand von Normwerten dienen (psychometrisch) oder eine Deutung von abstrakten Bildern (projektiv).
Von der schwarz-weißen Wissenschaft zur bunten Anwendung: Nachdem wir uns nun mit der Funktionsweise von Persönlichkeitstests beschäftigt haben, werfen wir nun einen Blick in die Praxis. Welche Tests existieren überhaupt, wie werden sie eingesetzt und was sagen sie aus?
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Es ist das Jahr 1944 und mit Katherine Cook Briggs gemeinsam mit ihrer Tochter Isabel Myers die Geburtsstunde eines brandneuen Instruments: dem sogenannten Myers-Briggs-Typenindikator. Basierend auf der Typologie von Carl Gustav Jung werden Teilnehmende einem von 16 psychologischen Typen zugeordnet, die anhand von vier psychologischen Kategorien bemessen werden:
Wie die fünf als „magische Zahl“ innerhalb der Numerologie oder unter den „großen Fünf“ mit Leopard, Löwe, Kaffernbüffel, Breitmaulnashorn und Afrikanischem Elefanten die als am schwersten zu jagenden Wesen des Tierreichs verstanden werden, so ist sie auch für diesen Test von elementarer Bedeutung. Woran denken Sie als erstes, wenn man an eine_n passende_n Arbeitenhmer*in denk? Im sogenannten OCEAN-Modell wird diese Frage beantwortet und die Persönlichkeit der Teilnehmenden anhand von folgenden Faktoren bemessen:
Wie der Name bereits verrät, legen jeglicher Wissenschaft sowohl ein Wissen als auch Schaffen zugrunde. Täglich, minütlich, sekündlich arbeiten global zahlreiche Forscher*innen daran, die menschliche Psyche zu entschlüsseln. Es werden neue Erkenntnisse gewonnen, alte verworfen und wieder neu aufgegriffen, sodass unfassbar viele Ansätze sowie Methoden gefunden werden.
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Die Persönlichkeit eines Bewerbers oder einer Bewerberin zu prüfen und somit ermitteln zu können, wie kompatibel besagte Proband:innen für das eigene Unternehmen sind, klingt zugegeben zu schön um wahr zu sein. Tatsächlich ist die empirische Evidenz von Persönlichkeitstests kontroversen Diskussionen und vielfältigen Auffassungen verfallen. Im Rahmen der unterschiedlichen Meinungen lassen sich jedoch folgende Tipps zusammenfassen, wie Sie Persönlichkeitstests im Recruiting sinnvoll nutzen können:
Nach diesen Erkenntnissen lässt sich festhalten, dass Persönlichkeitstests ‒ mit Vorsicht genossen ‒ geeignet sind, um sich ein erstes Bild von Bewerber:innen zu kreieren und zu prüfen, wie diese in spezifischen Situationen reagieren würden. Trotzdem sollten diese nicht als Ausschlusskriterium gelten, weshalb eine Person nicht von Ihnen zu einem persönlichen Gespräch eingeladen wird, da dieses selbstverständlich mehr zählt. Am ehesten geeignet stellt sich darüber hinaus der BIG-FIVE Test heraus: Hier ist sich die Psychologie einig, dass dessen Ergebnisse am validesten und zuverlässigsten sind. Im Rahmen eines 15-minütigen Zeitaufwands bietet der kostenlose Test zuverlässige Ergebnisse- doch heißt das auch, dass man Bewerber*innen von nun an ausschließlich anhand von Fragebögen auswählen sollte?
Allgemein lässt sich feststellen, dass Persönlichkeitstests eine solide Basis für eine Ersteinschätzung des Referenten oder der Referentin bilden. Primär spezifische Aspekte wie der Umgang mit anderen, die Arbeitsgrundeinstellung oder auch das Arbeiten unter Druck können hier gezielt angefragt und evaluiert werden. Elementar ist nur, dass der Test nicht als Ausschlusskriterium betrachtet wird, bevor der oder die Bewerber*in sich im persönlichen Gespräch beweisen durfte. Niemand sollte einzig anhand von Ergebnissen eines Computers bewertet werden, allerding können diese wertvollen Anteil an der Entscheidungsfindung nehmen. Technologie stellt die Zukunft unserer Zeit dar- so vielleicht auch die des Recruitings!
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