Englische Berufsbezeichnungen: Fluch oder Segen für die moderne Arbeitswelt?

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15.06.2022

Englische Berufsbezeichnungen: Fluch oder Segen für die moderne Arbeitswelt?

Vom Personalleiter zum Director of Human Resources, Buchhalter zum Accountant und von der Filialleiterin zur Store Managerin – die Jahre, in denen rein deutsche Bezeichnungen die Berufswelt dominieren, sind verstrichen, der Zahn der Zeit nagt sich bereits tief bis in die Wurzeln des modernen Arbeitsmarkts. Wo einst Klarheit und Einigkeit darüber herrschten, welcher Tätigkeit Hausmeister, Grafikerinnen oder Geschäftsführer in ihrem Berufsleben nachgehen, tritt heutzutage stetig mehr Intransparenz auf. So bedeutsam und angenehm die englischen Äquivalente auch von der Zunge gehen mögen, stiften sie bei Außenstehenden, Bewerber:innen sowie selbst bei internen Kolleg:innen häufig eins: Unklarheiten.

Schnell vor dem Meeting den letzten Call canceln, dann ein kurzes Brainstorming über die Responsibilities des Teams aufstellen und asap die B2B-Customers kontaktieren ‒ falls Ihr eigener Tagesplan diese To-Dos ebenfalls umfasst, so befinden Sie sich bereits mitten in der ominösen Welt des Business English. Fakt ist, unsere moderne Arbeitswelt wird stetig internationaler, dagegen können sich selbst ambitionierte Sprachpurist:innen nicht vollständig wehren. Und beim oralen Sprachgebrauch bleibt es nicht.

Primär in schriftlichen Stellenausschreibungen begegnen uns stetig frequentierter Berufsbezeichnungen in englischer Sprache, schließlich gewinnt diese nicht nur im Arbeitsalltag stetig mehr an Bedeutung. Wer heutzutage online die Jobbörsen oder offline lokale Zeitungen nach neuen Jobanzeigen durchforstet, der hat eventuell bereits mit dem Gedanken gespielt, das alte Wörterbuch aus einer der Kisten des Dachbodens zu kramen, denn: Die unbekannten Begriffe tummeln sich, lauern im Schatten der fremden Sprache und lassen die eigenen Vorstellungen im Dunkeln verharren. Welchen Sinn englische Berufsbezeichnungen erfüllen, wie Vor- und Nachteile unser Leben prägen und welche Begriffe Sie kennen sollten, zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt im heutigen Beitrag!

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Weshalb wir Berufsbezeichnungen benötigen und wie sie unseren Alltag prägen

Bevor wir uns Stück für Stück tiefer in die Materie wagen, begeben wir uns auf die Suche nach einer geeigneten Definition unseres Themas. Die Dudenredaktion bestimmt dieses als „offizielle Bezeichnung für einen bestimmten Beruf“; weiterführend berichtet thefreedictionary.com von „eine[r] Tätigkeit in einem bestimmten Aufgabenbereich, mit der man seinen Lebensunterhalt verdient und zu der man meist eine spezielle Ausbildung braucht“. Besonderes Augenmerk muss hier der Nominalphrase „spezielle Ausbildung“ gewidmet werden, denn oft gilt: nur, wer die geeignete Lehre oder das passende Studium absolviert hat, darf sich auf die Position bewerben.

Von Berufsbezeichnungen wird daher primär eins verlangt: eine bestimmte Tätigkeit aktiv und präzise zu benennen. So kann beispielsweise in Bewerbungsprozessen für genügend Transparenz und Vergleichbarkeit gesorgt werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Zudem sorgt ihr Schutz dafür, dass nicht jeder sich einfach Arzt oder Wirtschaftsprüferin betiteln darf – schließlich geht mit entsprechendem Titel auch eine gewisse Garantie einher, dass besagte Person über die benötigten Kompetenzen verfügt.

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Bewegen wir uns vom Beruflichen eine Ebene tiefer ins Private. Auf die Frage: „Was macht eigentlich Frau Müller?“, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit eine Antwort folgen, die wie folgt lautet: „Oh, sie ist Fachärztin in einer Praxis für Orthopädie.“ Mit dieser kurzen Information wissen sowohl fragende als auch befragte Person exakt über Frau Müllers Beruf Bescheid, sodass bei beiden Personen dasselbe Bild im Kopf entsteht. Frau Müller wiederum kann sich mit ihrem Titel nun auf sämtliche Stellenanzeigen bewerben, die eine medizinische Expertin im Bereich Orthopädie suchen. Ihre Berufsbezeichnung sorgt dafür, dass sowohl andere als auch sie selbst ihre Fähigkeiten aktiv benennen kann.

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Wo wir gerade beim mentalen Konzept von Berufsbezeichnungen angelangt sind, steigen wir doch kurz in die tiefste Ebene hinab: unsere Psyche. Wir Menschen versuchen stets, uns für uns selbst und anderen gegenüber zu definieren ‒ ob durch materielle Errungenschaften wie das teure Auto, die Familie, ein Urlaub in New York oder finanzieller Status: all dies stellt Aspekte dar, mit denen wir neben eigenem Nutzen auch gewisse Implikationen nach außen tragen möchten.

Bereits zur Barockzeit ist ein regelrechter Anredewahn ausgerufen worden, bei dem mit hochgestochenen Kurialen um sich geworfen wurde. Unsere Strategie, durch Titel Machtverhältnisse, Ränge und Status auszudrücken, waren somit bereits historisch bei unseren Vorfahren beliebter Konsens. Ein toller Jobtitel kann auch auf gesellschaftlicher Ebene auch dafür sorgen, dass wir soziale Anerkennung erhalten und als extrinsischer Motivator dafür sorgen, dass wir das Bestreben haben, die Karriereleiter nach oben zu erklimmen.

Mit der sprachlichen Ausgestaltung und den Auswirkungen, die der Klang von Berufsbezeichnungen auf unser Zusammenleben nimmt, möchten wir uns in diesem Artikel näher befassen.

Die Bedeutung englischer Sprache für die globalisierte Welt

„Ändere deine Sprache und du änderst deine Gedanken.”
― Karl Albrecht

Wagen wir einen kurzen Blick in die Liste der beliebtesten deutschen Jugendwörter vergangenen Jahres 2021, so wird schnell klar: das einstige Aufblühen des Englischen ist heute zu einer tief verwurzelten Säule der Gesellschaft mutiert. Im von Langenscheidt initiierten Wettbewerb für das Jugendwort 2021 stimmten die Jugendlichen erneut ab und setzten prompt zwei englische Begriffe auf die ersten beiden Plätze: cringe, was so viel wie peinlich bedeutet, und lost, ergo ahnungslos oder verwirrt.

So oder so ähnlich fühlen sich zahlreiche Bewerber:innen vermutlich auch, sobald sie den undurchdringbaren Dschungel an Stellenausschreibungen betreten und immer öfter auf unbekannte Bezeichnungen sowie Titel stoßen. Besonders Anzeigen innerhalb der IT- sowie Medienbranche beanspruchen zunehmend die Kapazität des Wortschatzes, dessen Grenzen häufig schnell erreicht und überschritten sind.

Im Rahmen der ansteigenden Digitalisierungstendenzen unserer Lebens- sowie Arbeitswelt wird es jedoch zunehmend obligatorischer, die englische Sprache aktiv in unseren Alltag zu integrieren. Prof. Dr. Karin Pittner, welche am Germanistischen Institut der Ruhr Universität Bochum (RUB) tätig ist, reagiert auf die Sorge vieler, das Deutsche würde durch fremdsprachliche Interferenzen allmählich verblassen, 2019 im Interview mit der RUB wie folgt:

„Viele Anglizismen ersetzen keine deutschen Wörter, sondern bezeichnen neue technische oder kulturelle Entwicklungen, für die es noch gar keine heimischen Wörter gibt. Diese Wörter stellen also zunächst einmal eine Bereicherung des deutschen Wortschatzes dar.“ Was kritischen Stimmen als allmähliche „Sprachverhunzung“ ein Dorn im Auge ist, kann also auch dabei helfen, sich einheitlicher und gezielter auszudrücken.

Fakt ist, dass sich Unternehmen meist darauf fokussieren, was sich am besten vermarkten lässt. Sprache ist Kommunikation, und diese geht stets mit einer konkreten Botschaft einher, die vermittelt werden möchte. Hier muss zwischen dem differenziert werden, das aktiv geäußert wird, nämlich dem sprachlichen Zeichen des Jobtitels und dem Inhalt, der über diesen Träger vermittelt werden möchte. Die Verwendung des Englischen impliziert Modernität, Weltoffenheit und Fortschritt, immerhin ist es Ambition einer jeden Firma, sich ebenfalls als Global Player zu verstehen.

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Das Job-ABC: die elementarsten Karrierestufen

  1. Associate. Beginnen wir am unteren Ende der Rangordnung und arbeiten uns allmählich hoch, so begegnen wir auf unserer Reise durch den Business-Dschungel zunächst dem Associate. Dieser auch als Fachkraft oder Spezialist übersetzte Titel liegt unterhalb der Management-Ebene, kann jedoch zum Associate Consultant aufsteigen.
  2. Consultant. Als Berater besteht dann die Möglichkeit, zum Senior Associate sowie zum Senior Associate Consultant zu werden, welcher mit der deutschen Projektleitung gleichzusetzen ist.
  3. Manager. Klettern wir die Karriereleiter eine Sprosse höher, stoßen wir auf die Management-Ebene. Personen, die beispielsweise als Projektmanager:innen tätig sind, tragen maßgeblich zum geschäftlichen Erfolg bei, indem sie Projekte akquirieren und verantwortlich sind für eine Abteilung, weshalb die deutschen Entsprechung Abteilungsleitung lautet. Als Senior Marketing Manager wird hier die Bereichsleitung bezeichnet.
  4. Head of… Als Leitung von größeren, fachübergreifenden Bereichen sind die Köpfe von… auch als Department bekannt. Sie tragen Verantwortung in den Bereichen Personal und Budget.
  5. Director. Diese Position fungiert als leitende Position oberhalb der Managementebene und besitzt Kontrolle über ein komplettes Department.
  6. Vice President. Auf der nächsten Ebene befindet sich der Vizepräsident oder VP. Dieser ist dem Director übergeordnet und steht in direktem Austausch mit der Geschäftsleitung, wobei die Addition Senior erneut ein höheres Karrierelevel darstellt.
  7. C-Suite. Hier befindet sich das obere Ende der Karriereleiter und mit ihr diejenigen Titel, die mit dem Buchstaben C initiiert werden. Während der CEO (Chief Executive Officer) die höchste Position im Unternehmen innehat und als Geschäftsführer zu bezeichnen ist, berichten sämtliche andere Chiefs diesem. Darunter fallen der CFO für den Finanzbereich sowie der COO für das Tagesgeschäft.

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Vorteile englischer Berufsbezeichnungen

Nachdem wir innerhalb der letzten Zeilen jahrelange Arbeit in wenigen Minuten erklommen haben, sehen wir uns nun an, weshalb Berufsbezeichnungen in englischer Sprache profitabel sind oder sein können:

  • Universalität. Als global verständliche Sprache adressiert Englisch eine möglichst hohe Zahl an Personen, sodass die Stellenanzeigen den meisten Bewerber:innen verständlich ist.
  • Vergleichbarkeit. Besonders der Stellenmarkt lebt von Referenzen, daher ist es elementar, eine universelle Basis zu kreieren, anhand derer exakt dieselbe Position an unterschiedlichen Standorten, sogar international, verglichen werden kann.
  • Ökonomie. Sicherlich haben Sie bereits den Satz gehört, dass Sprache ökonomisch sei ‒ letztendlich bedeutet das nichts anderes, als dass wir als Sprecher:innen versuchen, möglichst viel Inhalt unter möglichst geringem Aufwand zu vermitteln. Und je präziser, kürzer und flüssiger die Aussprache und das Geschriebene ist, desto angenehmer ist ein Ausdruck für uns.
  • Prägnanz. Wo deutsche Beschreibungen häufig länger, umfangreicher sowie wortgefüllter sein müssen, reicht eine kurze englische Bezeichnung meist aus, um denselben Bedeutungsinhalt zu vermitteln.
  • Internationalität. Mit zunehmender Globalisierung treten Kontaktphänomene sowie interkultureller Austausch an die Tagesordnung moderner Arbeitsverhältnisse. Anpassung und die Tendenz, sich zeitgemäß zu präsentieren, sind stets prägende Faktoren für den Jobmarkt.

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Titelwahn? Wenn Jobbezeichnungen auf Abenteuer gehen

„Was macht eigentlich ein…?“ – vielleicht fühlen sich die meisten Leser:innen ertappt, wenn sie diese Fragestellung lesen, schließlich haben wir alle vermutlich bereits mithilfe dieser Floskel nach einer unbekannten Berufsbezeichnung gesucht. Unverständlichkeit ist wohl einer der beliebtesten Kritikpunkte, die englischsprachigen Titeln nachgesagt wird; zu kryptisch und verblümt verzerren sie augenscheinlich die Realität mit Floskeln. Doch dies ist nicht das einzige Gegenargument:

  • Sprachverlust. Laut einer Infografik des Rechercheinstituts Statista von Juni 2018 geht hervor, dass ganze 73 Prozent der 1.820 Befragten ab 16 Jahren den Verlust deutscher Begriffe als mögliche Folge der häufigeren Verwendung englischer Begriffe betrachten.
  • Intransparenz. Achtung, Verwirrungspotenzial: oftmals fungieren ausformulierte, fremdsprachliche Bezeichnungen als linguistischer Schleier, der sich um die eigentliche Tätigkeit legt. Diese zu enthüllen, erweist sich als umständlich.
  • Zeitaufwand. Um die Kluft zwischen Äußerung und Inhalt zu überbrücken, bedarf es häufig zunächst an Recherchearbeit und Zeit, bis das alte Lexikon hervorgeholt wurde.
  • Ausgrenzung. Die Bedeutung zahlreicher Jobtitel bleibt Personen, die kein oder lediglich mangelhaftes Englisch sprechen verwehrt und erzeugt zusätzliche Anstrengung, sich um eine Übersetzung zu bemühen.
  • Namedropping. Was darf bei schicken Markenanzug und dem neuesten Geschäftshandy nicht fehlen? Ein stilvoller, wohlklingender Jobtitel, natürlich. Bei englischen Berufsbezeichnungen läuft schnell die Gefahr, „mehr Schein als Sein“ zu provozieren und auf rückhaltlose Prahlerei hinauszulaufen.

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Fazit: Fluch oder Segen ‒ was ist es denn nun?

Der Hang, Dinge zu übertreiben, ist uns Menschen beinahe schon inhärent. Mentalitäten à la Black-or-white oder All-or-nothing regieren die Köpfe ganzer Generationen und wenn sich dann einmal ein neues Prinzip etabliert, dann wird dieses bitteschön auch konsequent durchgezogen. Wie wir im Verlauf unserer Reise durch die deutsche Sprache gesehen haben, besitzen auch englische Berufsbezeichungen ihre Pros und Cons, Fakt ist jedoch, dass sie sich auf dem Vormarsch befinden. Den Startschuss bilden bereits zahllose Jobtitel, die im Netz kursieren und moderne Köpfe ansprechen, an denen sich selbsternannte Sprachbewahrer:innen jedoch oftmals noch stören.

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Dass eines Tages auch Berufe wie Lehrerin, Hausmeister oder Müllmann durch englische Äquivalente ersetzt werden, wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen, schließlich beginnen Entwicklungen meist dort, wo ohnehin bereits starke fremdsprachliche Einflüsse wirken. Ob Medien, Marketing, IT oder Wirtschaft, die meisten Berufe in diesem Tätigkeitsfeldern stehen in engem Austausch zu internationalen Partner:innen, wo Sprachkontakt kaum ausgeschlossen ist. Abzuwarten ist, ob sich zukünftig auch etablierte Berufe mit weit zurückreichender Tradition in englische Äquivalente wandeln werden, wie bei ihren neueren Vorreitern zu beobachten ist.

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