Studierendenleben
10.10.2022
Das Studium stellt für viele die schönste Zeit des Lebens dar – sie feiern, bis der Arzt kommt, schlafen am Folgetag bis mittags aus, besuchen vielleicht ein paar Seminare, wenn es sich im persönlichen Tagesplan gerade anbietet. Wenn sie sich dann einmal dazu entscheiden, den Lernstoff zu wiederholen, dann kommen sie jedoch nicht über die Theorieschwelle hinaus in die handfeste Welt der Praxis. Und trotzdem meinen sie, sich auf ihrer akademischen Bildung eine Menge einbilden zu müssen, sodass sie als hochnäsige Besserwisser:innen mit tradierter Lektüre unterm Arm und Barett auf dem Kopf durch altehrwürdige Gebäude flanieren…
So oder so ähnlich lauten nur exemplarische Klischees, welche die Studis des 21. Jahrhunderts so hartnäckig zu verfolgen scheinen wie die Polizei gefahndete Verbrecher:innen. Dass jedoch oftmals bis in die Nacht gelernt, enormer Notendruck an den Tag gelegt wird und statistisch gesehen jeder vierte Studierende unter starkem Stressempfinden leidet, wird nur zu leicht unter die staubigen Tische der Bibliotheken gekehrt. Gemäß der Presseinformation 2018 des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) klagen ganze 25,3 Prozent der Studis über Stresserleben, 24,4 Prozent über Erschöpfung, welche als mögliche Omen einen kommenden Burnout prophezeien könnten.
Klausuren, Hausarbeiten, Thesis – Fakt ist, dass ein Studium bei Weitem nicht nur aus Partys und Freizeit, sondern oft aus erheblichem Schlafdefizit, langen Lernsessions bis hin zu akuten Zukunftsängsten besteht. Besonders die Kombination zwischen Arbeit sowie Studium stellt für viele eine Doppelbelastung dar, welche es zu managen gilt – und all das resultiert vor allem in einem Gefühl: Stress. Leider ist es uns oftmals unmöglich, externe Stressoren per se zu eliminieren, sodass dringend ein entsprechender Ausgleich her muss. Wie Du trotz Prüfungsdeadlines und Leistungsdruck entspannt durch deine Uni-Zeit gehen kannst, zeigen wir dir daher in diesem Beitrag!
Bruno Wagenblast der Universität Hohenheim weiß: Rund ein Drittel der deutschen Studierenden investiert über 40 Stunden pro Woche ins Studium, was einem Vollzeitjob entspricht. Zusätzlich arbeiten rund 60 Prozent der Studierenden, lernen an den Wochenenden für Prüfungen, um dem enormen Leistungsdruck standzuhalten. „Früher hatten wir eher Studierende, die wussten, dass sie geschlampt haben oder dass ihnen die Motivation fehlt“, berichtet Michael Egeri, psychologischer Studienberater der Ruhr-Uni Bochum, 2009 im Interview mit ZEIT-ONLINE. „Nun kommen viele völlig verzweifelt an und sagen: ´Wir kommen einfach nicht mehr hinterher.`"
An Abschalten ist oftmals schwer zu denken, besonders wenn die berüchtigte heiße Phase mit Prüfungen, Abgaben und Co. ansteht. Die oftmals haushohen NC-Werte in Master-Studiengängen, eigenes Leistungsdenken sowie Selbstzweifel stellen zusätzliche Faktoren dar, welche dazu führen, dass Entspannung im Studium für viele einfach zu kurz kommt. Die Folge: negativer Stress, sogenannter Distress durch zu hohe Belastung, Sorgen, Nöte oder Ängste. Symptome können folgendermaßen auftreten:
„Die Gründe, warum so viele Studierende psychische Probleme haben, sind vielfältig“, eruiert auch PD Dr. Dr. Burkhard Gusy, einer der beiden Studienleiter, und Leiter des Arbeitsbereichs Public Health, Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung an der Freien Universität Berlin. „Zum einen beginnt mit dem Studium ein neuer Lebensabschnitt: Studienplanung, Prüfungsordnung, eventuell eine neue Stadt - alles ist neu. Häufig fühlen sich die jungen Studierenden dadurch orientierungslos und überfordert.“
Neben einem neuen Lebensumfeld existieren zahlreiche weitere Gründe, welche Stress bei den Studis des 21. Jahrhunderts auslösen:
„Surround yourself with good people; surround yourself with positivity and people who are going to challenge you to make you better“ – wie bereits Ali Krieger postulierte, stellt dein Umfeld wesentlichen Einflussfaktor auf dein Wohlbefinden dar. Ob Partner:in, Freund:innen oder Familienangehörige – Personen, denen du vertraust und die dir wichtig sind, leisten einen entscheidenden Beitrag zu deiner Homöosthase, also dem inneren Gleichgewicht.
Du kannst dich noch so gesund ernähren, Nichtraucher:in sein oder jeden Tag ins Fitnessstudio sprinten – Zuneigung, emotionale Nähe sowie wohltuende Gespräche sind Faktoren, die du primär durch den Kontakt zu anderen Personen erhältst. Wie zahlreiche Studis leider innerhalb von Homeoffice, virtuellem Lernen und Quarantäne erfahren mussten, wirken sich sowohl anhaltende Einsamkeit als auch mangelnde soziale Bindungen erheblich auf unser seelisches Wohlbefinden aus. Unsere Herzensmenschen können uns bei Stress herunterfahren, trösten und den nötigen Mut zusprechen, unsere Ziele zu verfolgen.
Es gibt für viele kaum etwas Besseres: dieses pulsierende Flow-Erleben, welches sich durch die physische Aktivität einstellt, die einem am meisten Freude bereitet. Die das Herz in deiner Brust zum Schlagen bringt, dich so richtig auspowert, sodass du den Wind um die Nase spürst und die Muskeln zu brennen beginnen. Ob im Gym, draußen im Park oder gemeinsam mit anderem als Team – Sport in jeglicher Form eignet sich hervorragend, um Stress abzubauen und deinen Stoffwechsel in Fahrt zu bringen. Sowohl die freigesetzten Endorphine als auch Serotonin sorgen dafür, dass der Stress neutralisiert und deine Stimmung gehoben wird.
Für die Bewegungsmuffel unter uns hilft ein schöner Spaziergang im Wald, auf den Feldern oder einfach um die Blöcke deiner Stadt hervorragend dabei, den Kopf frei zu bekommen und deine Gedanken schweifen zu lassen. Auch Einzelsportarten wie Yoga, Laufen oder Radfahren eignen sich hervorragend, um dich ohne Leistungsgedanken, wie sie häufig im Gym oder Teamsport vertreten sind, auf dein physisches Wohlbefinden zu fokussieren.
Montagmittag, 13:00 Uhr. Es ist einer dieser verdammten Tage, an denen der Wecker in deinen Ohren dröhnt und schallt, bevor du ihn mit einem Schlag auf den Snooze-Button aus deiner Traumwelt verbannst. Ist die Nacht denn wirklich schon wieder vorbei? Schläfrig kneifst du die Augen im Licht zusammen, welches durch die halbgeschlossenen Gardinen in dein Zimmer strahlt. Da du in genau einer Stunde für ein Seminar in der Uni sitzen musst, ist Aufstehen nicht auf Verhandlungsbasis ausgeschrieben. Der Tag muss nun obligatorisch beginnen.
Meist gehen unser Wunsch nach Selbsterfüllung, universitäre Pflichten sowie inhärenter Leistungsdruck damit einher, dass sich Studierende für Abstriche beim Schlaf entscheiden – Nächte werden kürzer, Tage länger, sodass die Folge nicht auf sich warten lässt: der Stresspegel steigt. Wer nämlich zu wenig schläft, der ist gereizt und unausgeruht, sodass selbst alltäglichste Aufgaben unüberwindbar erscheinen. Geht dann etwas schief, so steigt die Gereiztheit mit jedem Patzer weiter an, sodass unsere Anspannung nur noch weiter expandiert. Routinierte Schlafenszeiten müssen zwingend her.
Dass es sowohl Nachteulen als auch Lärchen gibt, sei an dieser Stelle ausgeklammert, denn: unabhängig von unseren präferierten Produktivitätszeiten kann ein stabiler Schlafrhythmus jedem dabei helfen, den eigenen Alltag besser zu strukturieren. Ob du nun Langschläfer:in oder Morgenmensch bist, wichtig ist, dass du deinen Schlafrhythmus an deinen Arbeitsrhythmus anpasst und bestmöglich genügend Stunden am Stück ruhst.
Feste Arbeitszeiten, universitäre Verpflichtungen, Zeit mit Freund:innen, regelmäßiger Schlaf – wähle drei von vier aus und du befindest dich im Leben eines Studis. Die Beine in den Händen zur Uni gehetzt, im Anschluss die ganze Nacht durchgelernt, sodass du am nächsten Tag erst mittags wieder fit bist. Auf dem Weg zu deinen Freund:innen bist du spät dran, weil du deine Schlüssel nicht finden konntest, das Essay von letzter Woche ist ebenfalls noch nicht erledigt, beim Sport warst du auch schon länger nicht mehr. Und zack! Unser Biorhythmus verschiebt sich immer weiter, ein Teufelskreis beginnt.
Ob tägliche Bewegung im Alltag, feste Lernzeiten oder auch den Schlüsselbund immer an derselben Position im Raum zu deponieren– mit Routinen als Freund und Helfer sorgst du aktiv dafür, deinen Tag zu organisieren und Zeit zu sparen. Dies resultiert in einem Gefühl von Sicherheit und dem Sparen von Ressourcen wie Zeit oder Energie, welche du wiederum in anderen Lebensbereichen einsetzen kannst.
„Eine Morgenroutine bringt Selbstbewusstsein und erhöht das Selbstwertgefühl. Ich verbinde mich dadurch mehr mit mir selbst und nehme mir Zeit für mich. Dadurch, dass ich bereits den Morgen mit einem Gefühl von ‘Check - habe ich schon gemacht’ beginne, feiere ich kleine Erfolge, die mich schon früh in einen positiven Zustand versetzen und mir Zuversicht geben – für mich selbst und für den Tag“ - Yogalehrerin und Yogatherapeutin Annika Isterling im Interview mit psylife
Primär dein Morgen sollte dich mit positiven Emotionen empfangen, sodass du ruhig und ohne sich anbahnenden Stress oder Hektik in deinen Tag starten kannst. Nimm dir einen Augenblick für dich, putze dir deine Zähne, trinke ein Glas erfrischendes Wasser und genehmige dir ein nahrhaftes Frühstück. Falls dann noch Zeit bleibt, kannst du diese beispielsweise mit Sport, einem Spaziergang oder einem guten Buch verbringen – was auch immer dir guttut, um dich entspannt auf das Bevorstehende einzustimmen.
Im Rahmen einer Studie der Universität Heidelberg steht „Ich priorisiere meine Aufgaben“ als die am häufigsten eingesetzte Maßnahme zur Stressbewältigung unter Studierenden. Verschaffst du dir einen klaren Überblick dessen, was diese Stunde, Woche oder diesen Tag zu erledigen ist, so fällt es leichter, die Stufen am sich auftürmenden Berg zu erkennen. Ebenfalls genannt werden das Anfertigen von To-Do-Listen, eine klare Trennung von Studium und Freizeit sowie bewusste Zeiten für Ausgleich genannt. Welche Form du auch immer für dich wählen magst, springender Punkt ist, dass du eine Methodik für dich findest, anhand derer du dir deine Errungenschaften, Tätigkeiten und Ziele visualisierst.
„*Ja, ich bin dazu in der Lage, mein Leben aktiv zu beeinflussten!*“ – gemäß Grawe (2002) sind Orientierung und Kontrollerleben grundlegende Bedürfnisse des Menschen, welche dafür sorgen, dass wir unser Leben bestreiten können. Das nervige Kuli-Klicken des Kommilitonen, haarsträubendes Mensaessen oder die fatale Laune der Bäckereiverkäuferin heute Morgen – sich über all die Dinge aufzuregen, die außerhalb deines aktiv kontrollierbaren Bereichs liegen, stresst und verschlingt wie ein schwarzes Loch deine wertvolle Energie. Und ganz ehrlich, abgesehen von einem erheblichen Schlechte-Laune-Schub erreichst du mit Nachgrübeln oder Aufregen leider herzlich wenig.
Zur Erfüllung des Grundbedürfnisses nach Kontrolle solltest du deinen Fokus bestmöglich auf die Dinge legen, die du beeinflussen kannst. Einige Beispiele wären:
Wie in diesem Artikel steht auch unser letzter Tipp am Ende. Nach harter Arbeit kommen flauschige Kissen, ein leckerer Kaffee und ein gutes Buch zum Einsatz, um dir die perfekte Belohnung zu bieten. Ob autogenes Training, Meditation oder Yoga – Entspannung besitzt vielerlei Gesichter, tritt in unterschiedlichsten Erscheinungsformen zutage und ist höchst individuell.
Hierbei solltest du dich nicht an vermeintliche soziale Standards halten, wie eine optimale Auszeit auszusehen hat, sondern allein in dich hineinhorchen, was dir persönlich guttut. Während manche Musikhören oder Spazierengehen erfüllt, ist es für andere ein heißes Bad, Zeit mit den Liebsten oder ein schwitziges Power-Workout. Wichtig ist, dass es dir keinerlei zusätzlichen Druck verleiht und du Zeit für dich findest.
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