Studierendenleben
04.11.2020
Fast jeder kennt sie, die Studenten, die mysteriöserweise ein paar Wochen nach dem Semesterstart erscheinen und sowohl von den Professoren als auch von den Kommilitonen argwöhnisch beäugt werden. Hier sind sie, die Kämpfer, die nach einer Absage auf eine Studienplatzbewerbung nicht einfach die berühmte Flinte ins Korn geworfen, sondern selbige auf die Auswahlkommission gerichtet haben. Im juristischen Sinne natürlich. Je nach Studiengang ist eine Studienplatzklage übrigens gar nicht mehr so selten. In den völlig überlaufenen Fächern wie Medizin, Psychologie und Zahnmedizin haben sich sogar ganze Kanzleien darauf spezialisiert, Studierende einzuklagen.
Falls du gerade mit einer Absage konfrontiert worden bist, ist das Stichwort Studienplatzklage meistens nicht die erste Option. Allerdings lohnt es sich in manchen Fällen, diese natürliche Zurückhaltung zu hinterfragen. Denn in Deutschland hat jeder das gesetzliche Recht, den Beruf zu ergreifen, den er will. Diese Regelung ist die Basis für die Erfolgsaussichten von Studienplatzklagen. Eine Absage nicht zu akzeptieren und rechtliche Schritte einzuleiten, ist allerdings kein einfacher Weg. Hier findest du ein paar Anhaltspunkte für die ersten Schritte.
Wie stehen deine Erfolgsaussichten bei einer Studienplatzklage für die überlaufenen Fächer wie Medizin, Zahnmedizin und Psychologie? Wie sieht es bei anderen Studiengängen aus? Welche Kosten kommen auf dich zu und welche Wege gibt es, sie zu decken? Wie nimmst du dir überhaupt einen Anwalt und worauf solltest du achten? Fragen über Fragen, die alle vor diesem entscheidenden Schritt geklärt werden wollen.
Es gibt kein allgemeingültiges Erfolgsrezept für eine Studienplatzklage. Die Erfolgsaussichten sind sehr unterschiedlich und sollten im Vorhinein für deinen Studiengang individuell ermittelt werden. Dabei spielen drei große Faktoren eine Rolle: Die Zahl der Antragsteller, die Hochschule selber und dein Finanzbudget. Logischerweise sind deine Chancen viel niedriger, wenn es viele Studienplatzklagen gibt. Auch die Auswahl der Hochschule und des Studienganges spielt für die Erfolgsaussichten eine große Rolle. Eine Beobachtung von anderen Fällen ist enorm wichtig. Aber auch deine persönliche Finanzlage ist eine wichtige Voraussetzung, um ein gerichtliches Verfahren gegebenenfalls länger finanzieren zu können
Aber wie sehen nun Zahlen und Fakten aus? Schließlich willst du vor dem Aufwand von Kosten möglichst genau wissen, ob Einklagen eine reelle Alternative ist? Die folgenden Einschätzungen geben dir einen groben Überblick:
Bei beiden Studiengängen liegen die Chancen auf eine erfolgreiche Studienplatzklage sehr niedrig. Zwar werden immer wieder weitere Studienplätze geschaffen, allerdings ist die Zahl der Antragsteller astronomisch hoch. Im Studiengang Humanmedizin liegen deine Chancen bei 3%, im Studiengang Zahnmedizin bei 5%.
Beim Studium der Tiermedizin gibt es keine konkreten Zahlen, tendenziell sind deine Chancen auf eine erfolgreiche Studienplatzklage aber noch niedriger als bei Human- und Zahnmedizin. Das liegt an der geringen Anzahl der Universitäten in Deutschland, die dieses Studium anbieten.
Beim Studium der Pharmazie dagegen hast du sehr gute Chancen, da es wenig Studienplatzklagen gibt und regelmäßig offene Kapazitäten aufgedeckt werden. Gute Anwälte können hier fast jeden Antragsteller einklagen.
Auch beim Studiengang Psychologie stehen deine Chancen gut, die Studienplatzklage erfolgreich zu bestehen. Hier lohnt es sich allerdings aufgrund der lokalen Zulassung, die aktuelle Rechtsprechung genau zu beobachten.
Auch hier gilt: Die lokalen Rechtsprechungen sollten beobachtet werden. Generell allerdings hast du sehr gute Chancen, deine Studienplatzklage zu gewinnen.
Seien wir ehrlich: Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Studienplatzklage ist – jedenfalls bei den beliebten Fächern – eine finanzielle Rücklage. Die Spanne dabei ist weit: Manchmal musst du nur 50 Euro zahlen und bist schon nach der Antragstellung drin und manchmal schießen die Kosten bis in den vierstelligen Bereich. Es gibt zwar Kanzleien, die auf Basis von Erfolgshonoraren arbeiten – das bedeutet, du zahlst nur bei einem erfolgreichen Verfahren –, aber die Kosten für das Gericht und die anwaltliche Vertretung der Hochschule müssen trotzdem beglichen werden.
Zudem bieten viele Hochschulen einen Vergleich an. So bekommst du zwar einen Studienplatz, musst aber auch die Kosten des Verfahrens tragen. Eine Rechtsschutzversicherung ist dabei nur in Ausnahmefällen hilfreich. Die meisten Rechtsschutzversicherungen schließen Studienplatzklagen von vorneherein aus oder geben Wartezeiten von mehreren Jahren an.
Egal ob mit oder ohne Rechtsschutzversicherung: Einklagen ist eine kostspielige Entscheidung, die gut überlegt werden will. Nur so kannst du den Anwalt auch wirklich bezahlen und musst das Verfahren mittendrin nicht aus finanziellen Gründen stoppen.
Eine Studienplatzklage will weise angegangen werden. So empfiehlt es sich zum Beispiel, mit der Studierendenvertretung der angestrebten Hochschule Kontakt aufzunehmen. Diese Studenten können dir beim Einklagen gute Tipps geben oder kennen eventuell sogar gute Rechtsanwälte.
Außerdem solltest du Fristen im Kopf haben. In vielen Bundesländern muss eine Studienplatzklage bereits bis zum 15. Juli eingereicht werden, in anderen Bundesländern reichen der 15. September oder sogar der erste Oktober. Erkundige dich daher am besten frühzeitig nach den Voraussetzungen. Entscheiden kannst du dich danach immer noch.
Einklagen ist juristisch gesehen ein besonderes Fachgebiet. Aus diesem Grund kannst du nicht einfach zum Anwalt deines Vertrauens gehen, der dann den Antrag einreicht. In diesem Fall schmälerst du deine Chancen auf eine erfolgreiche Studienplatzklage enorm.
Stattdessen lohnt sich neben dem Kontakt zur Studierendenvertretung auch der Kontakt zu Studenten, die sich erfolgreich eingeklagt haben. Hier bekommst du Tipps und eventuell sogar die Vermittlung zum passenden Anwalt. Investiere daher nicht nur Geld, sondern auch Zeit, um deine Chancen bestmöglich zu nutzen.
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