Studierendenleben
15.09.2022
Sicher kennst du mindestens eine Person von besagter Art: weder arrogant noch unsicher, nicht zu laut, aber trotzdem präsent. Mutig, zielstrebig und von Grund auf scheinbar stets optimistisch gestimmt, selbst wenn die Dinge aus dem Ruder zu laufen scheinen – kurzum eine scheinbar optimale Mischung an Charaktereigenschaften, die dieser Mensch verkörpert.
Im gesamten Leben scheint besagter Jemand stets gut anzukommen, beliebt zu sein und sich schnell in heterogene Gruppen einzugliedern. Sie betritt den Raum und scheinen wortwörtlich zu Strahlen – nicht aufgrund von Schönheit oder einem eleganten Kleidungsstil, sondern von innen heraus. Du kannst nicht einmal genau definieren, worin genau der Ursprung dieser Sympathie liegt, mit welcher diese Person scheinbar jedem in ihren Bann zu ziehen scheint. Aber eins ist sicher: diese Person besitzt eine verdammt starke Ausstrahlung.
Oben beschriebene Eigenschaften lassen sich auch unter einem anderen, weitaus undurchsichtigeren Begriff zusammenfassen: dem Charisma. Unsichtbar, ungreifbar und oftmals unergründlich scheint es manche Personen zu umgeben wie Rauch ein loderndes Lagerfeuer. Nahe liegt hier die Implikation, dass diese magische Aura manchen Personen als Gabe Gottes in die Wiege gelegt wurde und ein Geschenk des Universums ist – doch ist dem tatsächlich nicht so. Sie alle besitzen das gewisse Etwas, den Glow, einen Wow-Effekt. Kurzum: bestimmte Aspekte, mit welchen sie ihre Mitmenschen wortwörtlich in ihren Bann zu ziehen scheinen. Sehen wir uns einmal an, womit wir es hier zu tun haben!
Charme, Strahlkraft, Emanation. Verlockung, Präsenz, Faszination. Gegenwärtigkeit, Attraktivität. Recherchieren wir nach Synonymen für Charisma, so stoßen wir auf eine weitgefasste Reihe an Bedeutungen. Gemein ist ihnen, dass sie alle ein gewisses Mysterium, eine zauberhafte Faszination evozieren, mit der charismatische Persönlichkeiten es schaffen, eine Anziehungskraft auf andere auszuwirken. Das Digitale Wörterbuch Der Deutschen Sprache, kurz DWDS, definiert Charisma als „besondere Ausstrahlung“ oder „starke, gewinnende Ausdruckskraft eines Menschen“, wobei sich der Begriff ursprünglich aus religiösem Kontext speist.
Wichtig ist hierbei: Charismatiker:innen wissen manchmal selbst nicht, dass sie diese Eigenschaft besitzen. Manche Personen besitzen sie einfach, diese ganz besondere Aura, die ihnen zugeschrieben wird. „Charisma“, schreibt Lido Iacocca, ein US-amerikanischer Geschäftsmann und Autor, „ist die Qualität, die Leute dazu bringt, dir zu folgen. Es ist die Fähigkeit, zu inspirieren.“ Inspirieren und Geben, ohne dabei selbst an Strahlkraft zu verlieren – eine unschlagbare Kombination, die es an verschiedensten Personen aus unterschiedlichsten Spaten zu beobachten ist. Sehen wir uns einige Beispiele für Berühmtheiten an, welche genau diese Ausdrucksstärke besitzen:
Sie alle besitzen eine ganz besondere, warmherzige Ausstrahlung, mit der sie Menschenmassen rund um den Globus dazu bewegten, Sympathie für sie zu empfinden. Dabei liegt es nicht an außerordentlicher Schönheit, Rhetorik oder anderweitigen Fähigkeiten, dass so zahlreiche Personen diese unwiderstehliche Anziehungskraft spüren. Doch was genau ist es, das sie alle zu vereinen scheint?
Alexandra Wiesler berichtet in ihrer Publikation im Fach Psychologie mit dem Titel: „Charisma: Warum uns manche Menschen begeistern“ von 10 Faktoren, anhand derer wir charismatische Persönlichkeiten identifizieren können. Dies sind:
Diese Fähigkeiten scheinen das Rezept einer Superkraft zu sein, die sich vermutlich die meisten von uns wünschen. Und wenn es in gewisser Weise in unserer eigenen Macht liegt, uns selbst weiterzuentwickeln, dann stellt sich eine zentrale Frage:
Wie mit den meisten Fähigkeiten in diesem unsteten Leben existiert leider kein fest zementiertes Regelwerk, keine 5-Schritt-Anleitung, die besagt, wie eine charismatische Persönlichkeit auszusehen hat. Uneinigkeit spaltet die Gemüter in der Hinsicht, ob Ausstrahlung nun erlernbarer Skill oder doch angeborene Gabe sei. „Wir fühlen zwar alle, ob jemand Charisma besitzt, aber es ist schwierig zu erklären, warum“, erklärt Richard Wiseman, britischer Psychologe und Professor an der Universität Hertfordshire, zu Studienbeginn. Anhand der Antworten von 200 Versuchspersonen soll in Fragebögen ermittelt werden, welche Schlüsselfaktoren es nun sind, welche die Entwicklung von Charisma determinieren. Oder anders gesagt: Woran genau liegt es nur, dass manche Personen eine solch wahnsinnige Ausstrahlung besitzen?
Die Auswertungen zeigen: sowohl emotionale Nähe als auch Offenheit stehen an oberster Stelle für die sagenumwobenen Charisma-Persönlichkeiten. Wer andere an den eigenen Gefühlen teilhaben lässt und sich aufgeschlossen zeigt, der kreiert nahezu automatisch eine Atmosphäre, in der sich andere als bedeutend erleben. Das Resultat ist offensichtlich – sie sind gerne mit diesen Personen zusammen.
„Es gibt zwar so eine Art natürliches stimmliches Charisma-Niveau, das durch die Persönlichkeit vorgegeben ist“, meint auch Oliver Niebuhr, Professor für Kommunikationstechnologie an der Süddänischen Universität, im SPIEGEL-Podcast Smarter leben. „Aber das ist nichts, was nicht jeder andere auch durch Übung erreichen kann.“ Elementar sei, dass niemand über den Tag verteilt gleich charismatisch sein könne, versichert Niebuhr – vielmehr ist es eine Art Skala, die täglich umherschwankt und von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Fakt ist hier, dass gewisse Veranlagungen zu manchen Eigenschaften bestehen. Allerdings ist es durchaus möglich, bereits durch kleine Veränderungen große Unterschiede zu erreichen.
Versetzen wir uns für einen kurzen Augenblick erneut in die Oberstufenklasse unserer Schule, genauer: in den Deutschunterricht. Für viele die Chance auf Rettung durch gute Noten, für andere wiederum bedrohlich nahendes Untergangsrisiko schlechthin. Doch keine Bange – genauso gut können wir uns in die Welt der Sprachwissenschaften begeben, denn genau hier ist unser erster Tipp verortet: bei den Stilmitteln. Loren Naidoo untersuchte in ihrer Studie die Antrittsrede des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama und legte selbst Hand an die Schreibfeder. Einmal wandelte sie das Skript so ab, dass eine möglichst bildhafte Wortlandschaft entsteht, wohingegen die 2. Version schlichter formuliert wird. Das Ergebnis: die teilnehmenden Freiwilligen schrieben der Rede mit Metaphern, Allegorien und Euphemismen höhere Charisma-Werte zu als letzterer. Ein Hoch auf die Kunst der Rhetorik!
Hast du dich schon einmal gefragt, woran es liegt, dass du die Unterhaltung mit manchen Personen so sehr schätzt? Vielleicht, weil ihr beide eine tiefgründige emotionale Verbindung teilt, dein Gegenüber dir aktiv zuhört und dir zu Verstehen gibt, dass er oder sie sich in deine Situation hineinversetzen kann. Mithilfe von Signalen wie Blickkontakt, Kopfnicken sowie Rückfragen zeigst du dich aufgeschlossen, neugierig und ehrlich interessiert an dem, was wir berichtet wird. Erzählst du andauernd nur von dir und deinen Belangen, so wird die Person öfter zu einem Gespräch auf dich zukommen und deine Präsens positiv bewerten.
„Über Stock und über Steine, aber brich dir nicht die Beine…“ – na, hat der Ohrwurm funktioniert? Keine Sorge, die kleine Anekdote wurde nicht gewählt, um dich mit nostalgischen Kinderliedern zu ärgern, sondern weil sie thematisch hervorragend zu unserem nächsten Tipp passt: der Haltung. Weder ein steifer Stock, noch ein zusammengesunkener Stein sollten sie nämlich sein, vielmehr zeigen sich Charismatiker:innen locker, dynamisch und am allerwichtigsten: nicht einstudiert. Gehst du zu sehr mit dem Kopf in ein Gespräch oder auf andere zu, so wirkst du verkrampft und unsicher. Womit wir direkt die ideale Brücke zu unserem nächsten Pfad einschlagen können:
Na klar, Selbstliebe ist eine Tugend, welche die wenigsten von uns jederzeit gleichermaßen besitzen. An manchen Tagen fällt es uns schlichtweg leichter, auch die eigenen Macken als Teil von sich selbst zu akzeptieren und den Fokus auf die Aspekte zu verlagern, für die wir dankbar sind. Und das ist auch okay so. Elementar für eine charismatische Persönlichkeit ist nämlich nicht, dass wir uns eitel, arrogant oder egoman zeigen, im Gegenteil: vielmehr gehen mit Selbstakzeptanz eine gewisse Zufriedenheit sowie Entspannung einher, welche dich dabei unterstützen, gelassen und ein wenig lockerer durch dein Leben zu ziehen.
Sei nicht zu verbissen im Erreichen deiner Ziele, sondern übe dich sowohl dir als auch anderen gegenüber in einer gewissen Toleranz für Fehler. Dies führt zu einer entspannteren und positiveren Atmosphäre um dich herum, in der sich die Menschen wohlfühlen mögen. Du musst niemanden beeindrucken oder beweisen, dass du besser bist als andere – stelle dich nicht über dein Gegenüber, sondern begegne ihm oder ihr stets mit Respekt auf Augenhöhe. Das schönste Strahlen stammt schließlich nicht von tollen Kleidern, einer schicken Uhr oder dem teuren Mercedes, sondern aus dem Inneren heraus!
Trends bewegen sich aktuell stetig mehr in Richtung #diversity, #tolerance sowie #bodypositivity, wodurch endlich sämtliche Menschen auf diesem Planeten dazu ermutigt werden, sich selbst zu akzeptieren, denn: unsere Welt ist bunt. Vielfältig und wunderschön, da muss wertvolle Lebenszeit nicht damit verschwendet werden, längst veralteten Schönheitsidealen nachzujagen. Unabhängig von kulturellen, sozialen sowie individuellen Hintergründen existiert ein Faktor, der bei den meisten von uns obligatorisch ist und ebenfalls Fundament für Charisma bildet: Gepflegtheit. Um eine positive Ausstrahlung zu bewirken, solltest du darauf achten, einen Kleidungsstil zu finden, in dem du dich wohlfühlst. Zudem sind fettige Haare, dreckige Fingernägel oder Ölflecken auf dem weißen Pulli ebenfalls wenig förderlich, um sich charismatisch durch diese Welt zu bewegen.
Kehren wir zu Oliver Niebuhr aus dem SPIEGEL-Interview zurück. Er ist Phonetiker und forscht zur sowie Wirkung Akustik von Stimmen. Anhand einer speziellen Software ist es dem Wissenschaftler möglich zu analysieren, wie charismatisch Menschen tatsächlich sprechen: „Letztendlich ist charismatisches Sprechen ein Sprachstil, eine ganz bestimmte Art und Weise, unsere Muskeln zu bewegen – bei einem bestimmten Tempo, mit bestimmter Kraft, mit bestimmter Koordination.“ Selbstbewusstsein, Kompetenz und Leidenschaft sind hier entscheidend, um Ausstrahlung auch innerhalb der eigenen Stimmlage zu entfalten.
Was sind meine Stärken? Worin habe ich Talent? Was erfüllt mich und worin finde ich mein Feuer? All das sind Fragen, mit denen sich jeder, nicht nur junge Menschen, beschäftigen sollte. Denn wer weiß, was er oder sie im Leben möchte, der wirkt authentischer und selbstsicherer. Elementar ist auch, dass du dich nicht verstellen musst, wenn du bereits zufrieden mit der Person bist, die du verkörperst. Du musst nicht „Everybody´s darling“ sein, sondern darfst Raum einnehmen und für das stehen, das du als richtig erachtest.
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