stellenwerk Jobmesse 2022: Interview mit Dennis Fischer

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22.08.2022

stellenwerk Jobmesse 2022: Interview mit Dennis Fischer

Schnellere Arbeitsprozesse, verbesserte Produktivität, höhere Leistung: kurzum, unsere moderne Arbeitswelt ist determiniert von Fortschritt. Besonders im Zuge der Digitalisierung beginnen neuartige Technologien progressiv damit, neben Prozessen auch ganze Positionen einzunehmen, die einst von einem Menschen besetzt wurden. Um dem Wandel der Zeit standzuhalten und die eigenen Ressourcen optimal nutzen zu können ist es daher unabdingbar sich der zukünftigen Arbeitswelt zu stellen. Auf welche Fertigkeiten sollte ich mich fokussieren? Welche Berufe sind auch in naher Zukunft von sicherer Bedeutung? Und wie kann ich meine bereits vorhandenen Skills bestmöglich ausbauen?

In seinen Publikationen "Future Work Skills" und "52 Wege zum Erfolg" stellt sich Autor Dennis Fischer den Kernfragen von Morgen. Als Keynote-Speaker bereicherte er die stellenwerk Jobmesse Hamburg 2022 mit seinem fundierten Wissen rund um Soft sowie Hard Skills, Mindset und innovative Strategien die eigenen Kompetenzen zu optimieren. Im anschließenden Interview erweitert Dennis gemeinsam mit der stellenwerk-Redaktion den Radius sowohl unternehmensseitig auf Recruiting-Strategien als auch auf spannende Tipps für die Arbeitnehmer:innen der Zukunft!

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stellenwerk: Zunächst einmal: Herzlich Willkommen am 1. Tag der stellenwerk Jobmesse 2022 in Hamburg! Du hast heute Morgen bereits einen interessanten Vortrag zum Thema “Future Work Skills” gehalten und konntest so einen Überblick von Besucher:innen und Locations erhaschen. Erzähle doch zunächst einmal, wie dein erster Eindruck von der Messe ist.

Dennis Fischer: „Wahnsinnig professionell, muss ich sagen. Ich war auf meiner letzten Jobmesse vor 11 Jahren, damals noch als Student und seither hat sich echt einiges verändert. Besonders die Speakers Corner ist sehr schön, genauso wie die zahlreichen Veranstaltungen mit 140 verschiedenen Unternehmen – ich bin positiv überrascht!“

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SW: Mit unserem Event möchten wir primär Raum zum Networken schaffen und jungen Menschen den Einstieg in die Arbeitswelt erleichtern. Wenn du an deinen Karriereweg zurückdenkst: Welchen Tipp würdest du persönlich denjenigen geben, die sich gerade am Anfang ihrer beruflichen Karriere befinden?

DF: „Besonders die Thematik des Networkings. Darunter stellt man sich häufig Stehtische auf einer Veranstaltung vor, an denen man krampfhaft mit fremden Personen kommunizieren muss, die wiederum gar nicht mit einem sprechen möchten. Netzwerke bauen sich allerdings Stück für Stück auf und wenn man hier einen wichtigen Tipp beachtet ‒ nämlich mehr zu geben als zu nehmen ‒, dann kann man so bereits ziemlich viel bewirken.

Auch, wenn man sich als Studierender oder junger Berufseinsteigender vielleicht denken mag: „Ich habe doch leider gar nicht viel zu geben“, kann man letztendlich doch immer eine Tätigkeit anbieten, sei es nur, den anderen ein Stück weit von A nach B zu fahren. Jeder von uns hat etwas zu geben, genau so entsteht Stück für Stück ein wertvolles Netzwerk, worüber schlussendlich alles abgewickelt wird. Networking ist das A und O, um später einen neuen Beruf, Weiterbildungen und Mitgründer:innen zu finden oder sich selbstständig zu machen.“

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SW: In den letzten Jahren hast du zwei Bücher veröffentlichen können: “52 Wege zum Erfolg” und “Future Work Skills”. In Letzterem berichtest du systematisch, dass sich die Anforderungen an zukünftige Arbeitnehmer:innen verändern werden. Inwiefern würdest du sagen, dass mit anderen beruflichen Voraussetzungen auch veränderte Wege der Personalrekrutierung aus unternehmerischer Perspektive einhergehen?

DF: „Definitiv! Ich halte heute Abend einen kurzen Vortrag vor einigen Recruiter:innen und in diesem Zuge ist es spannend sich damit zu beschäftigen, woher der Begriff des Recruitings ursprünglich stammt. Dessen Wurzeln liegen nämlich im Althochfranzösischen und bedeuten so viel wie „erneut wachsen“. Ich glaube, Recruiting wird in Zukunft noch viel mehr die Aufgabe annehmen zu prüfen, welche Unternehmer:innen und Arbeitnehmer:innen wir finden können, die mit uns wachsen möchten. Und gleichzeitig können wir ihnen auch bei ihrem Wachstum helfen.
Es ist allerdings enorm schwer, jemanden zu rekrutieren, der in fünf bis zehn Jahren einen Job ausüben soll, den es heute noch gar nicht gibt. Das heißt, ich muss eine Person für Tätigkeiten finden, die heute noch gar nicht erfunden wurden. Deswegen sind lebenslanges Wachstum und Weiterentwicklung so wichtig, die bereits im Recruiting ihre Anfänge nehmen.“

SW: Für „52 Wege zum Erfolg“ vereinst du als Selbstexperiment Erkenntnisse aus unglaublichen 500 Business-Ratgebern, indem du jede Woche ein Buch gelesen hast. Kannst du uns einen Tipp geben, wie man es schafft, trotz Alltagsstress genügend Zeit in Lesen und die persönliche Weiterbildung zu investieren?

DF: „Auf jeden Fall Routinen entwickeln und sich für nicht zu viel vornehmen. Man hört von anderen häufig Aussagen wie: ‘Jetzt mache ich morgens Yoga, gehe Joggen, dann lese ich noch’ und so weiter, allerdings würde ich bestenfalls in kleinen Dimensionen mit einer Sache anfangen, die mich persönlich weiterbringt. Am besten startet man direkt morgens nach dem Aufstehen, ohne das Handy mit Instagram zu checken, und liest beispielsweise einfach für zehn Minuten etwas. Das ist vollkommen ausreichend und ein super Start.“

SW: Du nennst insgesamt neun „Future Work Skills“, die zukünftig in der Arbeitswelt benötigt werden. Wie denkst du, können junge Menschen ihre Fähigkeiten schon von Anfang an ausbauen?

DF: „Am besten überlegt man sich zunächst, was diese neun Skills sind, die ich in meinem Buch zusammengefasst habe; dabei sind menschliche Fähigkeiten wie Empathie, Resilienz und Kreativität besonders wichtig. Auch kann es helfen, direkt mit den Unternehmen ins Gespräch zu treten, beispielsweise jetzt im Rahmen der Jobmesse oder beim Bewerbungsgespräch, wenn man einen Job neu beginnt. Dort lohnt es sich, einfach nachzufragen: ‘Was können Sie mir anbieten? Wo können Sie mir weiterhelfen? Existieren Schulungen oder Coachings? ’ und diese Angebote von Anfang an in Anspruch zu nehmen.
Nicht richtig wäre nämlich anzunehmen, dass Coachings ausschließlich für Führungskräfte sind, die nicht mehr vorankommen oder Probleme haben – ich würde mich wirklich von Tag eins an umsehen, wo ich mich weiterbilden und meine Softskills im Unternehmen trainieren kann.“

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SW: Denkst du denn, dass es notwendig ist, um beruflichen Erfolg zu erzielen, sich auch im Privatleben weiterzuentwickeln und die Arbeitsthemen in den persönlichen Alltag zu integrieren?

DF: „Ich persönlich bin kein Fan von einer Trennung, auch den Begriff Work-Life-Balance finde ich nicht unbedingt passend, sondern spreche eher von einer Work-Life-Romance. Damit meine ich die Verbindung aus Freizeit und Beruf – ja, wir werden zukünftig vermutlich weniger Arbeiten, beispielsweise in Richtung der Vier-Tage-Woche gehen, aber dafür mache ich mir auch an den drei freien Tagen Gedanken über den Job und nehme es irgendwo mit nach Hause.

Genauso begleiten mich andersherum auch private Themen zur Arbeit; wenn gerade mein Vater im Krankenhaus liegt, dann beschäftigt mich das im Job auch, ob ich will oder nicht. Dort gilt es die Symbiose herzustellen und beide Bereiche nicht strikt voneinander zu trennen: das ist für mich die Arbeitswelt der Zukunft, ohne dass ich sieben Tage die Woche arbeiten muss.“

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SW: Im Kapitel “Lebenslanges Lernen” von “Future Work Skills” gibst du deinen Leser:innen die Möglichkeit, zu reflektieren, was sie dazu motiviert, etwas Neues zu lernen. Was genau ist denn dein Motivator, um dich auch mit neuen Themen intensiv zu beschäftigen und sogar zwei Bücher zu verfassen?

DF: „Ich denke, bei mir befindet die Motivation auf intrinsischer Ebene und war immer ein Teil von mir. Schon früher habe ich mich gerne mit neuen Themen beschäftigt und beispielsweise ein Buch zum Jonglieren gelesen, um es den ganzen Sommer lang zu lernen. Dann habe ich eins zum Judo-Lernen gelesen und gemerkt, dass man diese Tätigkeit nicht aus einem Buch lernen kann, sondern in der Praxis.

Generell kann ich jedem nur empfehlen sich zu fragen, was einen wirklich interessiert und wo man persönlich neugierig ist. Mit diesen Themen beschäftigen wir uns dann komplett automatisch ‒ sobald wir es müssen, wird es jedoch anstrengend und langweilig. Daher sollte man sich überlegen, was man tun würde, wenn man kein Geld damit verdienen und arbeiten müsste. Dann geschieht es automatisch, dass wir uns in dem Fachgebiet weiterbilden und aktiv bleiben.“

SW: Du berichtest auch davon, dass zahlreiche Berufe wie Buchhaltung, übersetzende Tätigkeiten oder Personentransport zukünftig vollständig durch technologische Entwicklungen überholt werden. Würdest du sagen, dass wir alle Gefahr laufen, eines Tages durch KIs ersetzt zu werden?

DF: „Nein, das denke ich nicht, dennoch glaube ich aber, dass bestimmte Berufsgruppen in den nächsten Jahren ersetzt werden. Dann würde ich aber gerne auf die Frage zurückkommen, die ich vorhin bereits versucht habe zu beantworten: ’Was wollen wir denn genau, das durch Maschinen durchgeführt wird?‘ Wir tun häufig so, als hätten die Maschinen bereits die Herrschaft übernommen und würden uns diktieren, was wir zu tun und zu lassen haben, dabei ist es aktuell genau umgekehrt: Wir bestimmen, welche Aufgaben maschinell getätigt werden sollen und welche nicht. Diese Hoheit sollten wir auch in den nächsten Jahren behalten und dort bewusste Entscheidungen treffen, dann bin ich guter Dinge und glaube eher, dass zu viel Arbeit für die Menschheit vorliegt als zu wenig.“

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SW: Wo zukünftig Technologien immer elementarer werden, war es überraschend zu lesen, dass es gerade die menschlichste aller Eigenschaften ist, die du als den wichtigsten “Future Work Skill” bezeichnest: die Empathie. Würdest du sagen, dass es zum Ziel werden sollte, Computer zu vermenschlichen oder sie ergänzend zu unserem Skills zu nutzen, ohne unser Zutun dabei ersetzen zu wollen?

DF: „Meiner Ansicht nach genau das zweite, nämlich die Ergänzung. Natürlich, heute können Computer-Algorithmen bereits dein Gesicht analysieren und anhand eines gewissen Rottons auf deiner Stirn schlussfolgern, in welcher Stimmung du dich gerade befindest. Das funktioniert bereits, wenn eine Maschine dann allerdings versucht, mit einer mitleidigen Stimme mit mir zu kommunizieren, kann ich das noch immer nicht ernst nehmen. Aus diesem Grund sollten meiner Meinung nach die Maschinen Aufgaben übernehmen, die für Maschinen gemacht sind, darunter die Abwicklung automatisierter Prozesse. Und alles, das im Zwischenmenschlichen stattfindet, sollte auch weiterhin von Menschen durchgeführt werden.“

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