Studierendenleben
30.11.2021
Wir alle kennen das unangenehme Gefühl, sich ständig mit anderen vergleichen zu müssen und unsere eigenen Leistungen daran zu messen, wie wir im Gegensatz zu ihnen dastehen. Und das ist auch kein großes Wunder- in einer Gesellschaft, in welcher Leistung und Arbeit stets an Erfolg gekoppelt und bewertet werden, gestaltet es sich leider häufig schwer, eine gesunde Balance zu halten und den Fokus ausschließlich auf die eigenen Fortschritte zu setzen.
Das Studium stellt hier keine Ausnahme dar- in einer Institution, welche diejenigen auf eine berufliche Karriere vorbereitet, die genügend leisten. Daher ist es ganz natürlich, dass alle händeringend versuchen, zu der Gruppe zu gehören, die durch hervorragende Leistungen heraussticht. Und genau hier stellen sich die alles entscheidenden Fragen: wann genau ist denn dieses „genug“ endlich erreicht? Wann habe ich „ausreichend“ leisten können, um mit den anderen mitzuhalten? Und wieso genau sind meine Mitmenschen für die eigene Leistungsbewertung überhaupt so bedeutend?
Um sich diesen Fragen systematisch zu nähern, ist es zunächst wichtig zu klären, warum genau wir in erster Linie Vergleiche ziehen und weshalb diese wie unsere Luft zum Atmen für den Menschen sogar ganz entscheidend sind. Zudem zeigen wir dir, wann ungesunde Ausmaße folgen, wie wir alle es endlich schaffen können, unseren Hang zum Vergleich für statt gegen uns selbst nutzen zu können und, am wichtigsten, wie wir in einer gesunden Form unsere eigenen Erfolge anerkennen können- all das und vieles mehr jetzt in diesem Artikel!
Wir Menschen besitzen seit Anbeginn unserer Zeit Erwartungen und das Ziel, unsere eigenen Fähigkeiten zu steigern, stolz auf den erreichten Erfolg zu sein und- aus historischer Perspektive- uns durch Anpassung evolutionäre Vorteile zu verschaffen. Ich kann meinen Erfolg zunächst klar bemessen- nehmen wir an, dass ich vier Meter weit springen kann, einen Abiturdurchschnitt von 2,5 erreicht habe und 23 Jahre alt bin, so sind dies beispielsweise feststehende Fakten. Doch woher genau weiß ich denn nun, ob vier Meter weit, 2,5 ausreichend und 23 noch jung oder bereits alt sind?
Genau hier kommt der Vergleich ins Spiel und der primäre Grund, weshalb wir fast unvermeidbar die Relation zu anderen suchen, die sich in einer ähnlichen Situation wie wir befinden. Sie teilen beispielsweise mit uns eine Altersgruppe, sind Kommiliton*innen in unserem Studium oder gehören demselben Geschlecht an- überall, wo es Ähnlichkeitsbeziehungen gibt, vergleichen wir uns fast automatisch, als gäbe es einen Hebel in unserem Gehirn, welcher diesen Mechanismus in Gang setzt. Zurückkehrend zu unserem Sprung-Beispiel wäre es schließlich wenig sinnvoll, sich mit anderen als unserer Gruppe, mit der wir dieselbe Ausgangssituation teilen, zu vergleichen- schließlich sehen unsere vier Meter im Gegensatz zu den durchschnittlichen 1,3 Metern eines Frosches enorm aus, kontrastierend zu einem Känguru, welches 9 bis 13 Meter schafft, jedoch ganz schnell ziemlich mickrig.
Um die Orientierung darüber zu haben, ob die erbrachte Leistung sich im oberen oder unteren Bereich unserer Vergleichsgruppe befindet, müssen wir daher zunächst Menschen haben, an denen wir uns messen können. Dass wir uns mit unserem Kurs an der Uni vergleichen und uns gut fühlen, wenn unsere erreichte Note über dem Durchschnitt liegt, ist hier gänzlich normal und verständlich, um die eigenen Stärken und Schwächen zu finden. Sollte jedoch beispielsweise ein Freizeitfußballspieler auf die Idee kommen, die eigenen sportlichen Leistungen an denen von Christiano Ronaldo zu bewerten, so wird sein Selbstwertgefühl vermutlich winkend die Kellertreppe hinabsteigen.
Und genau hier befindet sich der Knackpunkt des Ganzen- wir sehen einen bestimmten Aspekt, bei uns den Erfolg im Fußball, allerdings nicht, was dahintersteckt. Jahrelanges, hartes Training, Verletzungsrisiken, Fehlschläge- meistens sagen wir leichtfertig, dass wir am liebsten „genauso sein wollen wie XY“. Dass XY allerdings ebenfalls menschlich ist und sich vergleicht, ist dir vielleicht in diesen Momenten nicht bewusst. Wir sehen einen beneidenswerten Erfolg, seien es die guten Noten des Kommilitonen, das teure Outfit der Freundin oder den beruflichen Erfolg der Eltern, vergessen jedoch leicht, dass auch diese Person ihre Probleme hat, nicht „perfekt“ ist. An diesem Punkt hinkt unsere Theorie des Vergleichens, sie bewegt sich weg von dem Fokus auf den eigenen Leistungen und hin zu anderen, wobei der Bezug zur Realität gänzlich verformt wird und wir uns minderwertig, nicht gut genug fühlen: die Orientierung an anderen wird ungesund. Welche drastischen Folgen dies haben kann, schauen wir uns im Folgenden näher an.
Burnout mit 25- Maria Anna Schwarzberg kann einfach nicht mehr. „Ich war unter Dauerstrom, im Kopf immer bei dem nächsten To-Do-Listen-Punkt, immer enttäuscht, weil ich nie alles schaffte. Also ging ich später schlafen als gewollt, um auch noch dieses oder jenes erledigen zu können. Am Wochenende schlief ich viel und arbeitete weiter, ging nachts lang und hart feiern, traf mich mit Freunden, obwohl ich einfach nur zur Ruhe kommen wollte, die ich aber einfach nicht mehr fand. Denn: Ich muss doch noch so viel erledigen.“ In ihren persönlichen Erfahrungen, welche sie im 7mind-Magazin online mit der Öffentlichkeit teilt, berichtet die junge Frau von den fatalen Auswirkungen ungesunder Verhaltensmuster, die durch Überarbeitung entstehen sowie den Druck, ständig „genug“ zu leisten.
Sogenannte Aufwärtsvergleiche, sprich ein Heraufschauen zu angeblich „besseren“ Personen, die mehr arbeiten, intelligenter, hübscher oder gleich alles gemeinsam zu sein scheinen, laugen uns stetig aus. Wir werden unzufrieden, strenger und immer härter zu uns selbst, denn schließlich „kann man mit genügend Arbeit alles schaffen“!
Natürlich, für seine Ziele zu kämpfen und dabei auch die eine oder andere schlaflose Nacht einzustecken, gehören vermutlich genauso zum Leben dazu wie ein großartiger Urlaub oder unsere Freude, wenn die Sonne am Horizont im schönsten Farbenspiel untergeht. Allerdings stellt Maria Anna Schwarzberg leider keinen Ausnahmefall dar- primär Personen unter 30 oder über 60 Jahren, welche sich am Anfangs- sowie Zielstadium ihres beruflichen Werdegangs bewegen, gehören statistisch gesehen zur höchsten Risikogruppe eines Burnouts. Der enorme Leistungsdruck, Zukunftsängste und die Befürchtung, „nicht richtig zu sein“, stellt besonders für junge Menschen, welche sich stark an anderen orientieren und noch kein dickes Fell bezüglich äußerer Einflüsse entwickelt haben, eine besondere Gefahrenzone dar.
Hinzukommend sorgen die stetig ansteigende Popularität sozialer Netzwerke und die damit einhergehende Selbstinszenierung dafür, dass wir von Vergleichen quasi permanent überschüttet werden. Hier zeigt jemand seinen schicken neuen Flitzer, dort hält jemand seine Muskeln in die Kamera und direkt zwei Bilder weiter sehen wir, wie eine 20-jährige Person ihre eigenhändig gegründete Firma promoted. Dass diese scheinbar perfekten Leben zu einem ungesunden Mindset und einer Mission Impossible auf dem endlosen Weg führt, mithalten zu müssen, ist einleuchtend. Unser Selbstbewusstsein ächzt unter dem Druck, Stresshormone werden ausgeschüttet und wir fühlen uns, als würden wir einfach nicht vorankommen. Dass dieses Stadium auf Langzeit starke Schäden auslösen kann, ist vermutlich jedem von uns bewusst- aber gibt es denn ein Entkommen aus diesem Teufelskreis?
Letztendlich merken wir, dass Schlüsse auf unser komplettes Leben aufgrund eines irrationalen Vergleichs mit einer Person zu nichts anderem führt als der Tatsache, dass du dein Selbstvertrauen systematisch schwächst. Leider werden objektive Vergleiche nie ganz möglich sein, allerdings können wir lernen, besser mit ihnen umzugehen und die Emotionen, die damit einhergehen, besser einordnen. Hier findest du vier Tipps, wie du nicht aufhören kannst, dich zu vergleichen, aber das Messen an anderen wieder in ein gesünderes Maß zurückfallen lässt:
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