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24.02.2022
Spiele gewinnen zu aktuellen Zeiten stetig mehr an Popularität ‒ egal ob online, per Multi Player, via Smartphone oder gleich alles gemeinsam, die Anwendungen erobern in rasantem Tempo Geräte ganzer Generationen. Daddeln, Zocken, Gamen, welche Bezeichnung man hier auch wählen mag, sowohl Computerspiele als auch Konsolen und Handy-Games bilden für zahlreiche Menschen einen elementaren Zeitvertreib, wenn nicht sogar ein bedeutsames Hobby. Und dabei bleibt es häufig nicht- manche Youtuber:innen wie die Influencer Gronkh (4,89 Mio. Abonnenten) oder Simon Unge (3,4 Mio. Abonnenten) verdienen mit Gaming gigantische Summen. Darüber hinaus existieren sogar Wettbewerbe wie beispielsweise die ESL Meisterschaft innerhalb der E-Sport-Liga, bei denen sowohl echte Preisgelder vergeben werden als auch professionelle eSportler:innen angestellt sind, deren Gehälter bis in den hohen fünfstelligen Bereich hinaufklettern können.
In jüngster Zeit entwickelte sich zudem eine neue, innovative Gattung von Spielen, welche den Namen Serious Games trägt. Hier wird, wie die Bezeichnung bereits erahnen lässt, der Versuch unternommen, klassisches Gaming, um ernstere Inhalte zu erweitern – ernst meint hier, etwas zu lernen oder Wissen zu erweitern. Dazu zählen beispielsweise berufs- oder unternehmenbezogene Inhalte zu Recruiting-Zwecken oder auch die Vorstellung von potenziellen Karrierechancen. Diese lassen sich über das Vehikel Game mitunter erfolgreicher als auf klassischen Wegen vermitteln und erreichen die Zielgruppe effektiver.
Wie kann die Idee des Serious Games nun konkret aussehen? Der heutige Beitrag behandelt die Entwicklungsgeschichte des Projekts Allthings.bioPRO, einem Serious Game, das sich dem Thema einer nachhaltigeren, biobasierten Wirtschaft widmet. Der stellenwerk-Innovationsmanager Alexander Johnston befindet sich hierfür im Gespräch mit Tabea Waltenberg vom Wissenschaftsladen Bonn, welcher neben der Entwicklung dieses Spiels ebenfalls in den Bereichen Berufsorientierung sowie eine grünere Arbeitswelt aktiv ist. Gebündelt finden sich diese Thematiken auch im Magazin WILA Arbeitsmarkt wieder, zudem können weitere Informationen auf der Website zum Netzwerk Grüne Arbeitswelt entdeckt werden!
Alexander: Hi Tabea, ihr habt uns vom stellenwerk vor einiger Zeit wegen eines spannenden Themas angeschrieben: ein Serious Game zum Thema Bioökonomie, welches ihr in einem Co-Creation und Co-Design Prozess mit verschiedensten externen Akteuren entwickelt - unter anderem mit uns von stellenwerk. Aber geben wir unseren Leser:innen zunächst einen Überblick über das Projekt mit dem Namen Allthings.bioPRO.
Tabea: Gerne, bei Allthings.bioPRO geht es im Kern darum, ein Serious Game zu entwickeln, mit dem Nutzer:innen Bioökonomie und biobasierte Alternativen spielerisch in vier alltagsnahen Bereichen kennenlernen: Lebensmittelverpackungen, Mode und Kleidung, Kinder und Schule sowie Berufe und Karrieren. Die Besonderheit des Projekts Allthings.bioPRO liegt in der ko-kreativen Entwicklung des Serious Games. Ko-kreativ meint: Bürger:innen als potentielle Spieler:innen und Vertreter:innen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft sowie Zivilgesellschaft, die sich beruflich mit Bioökonomie und den oben genannten Bereichen beschäftigen, werden von Anfang bis Ende sowohl in Fokusgruppen, als auch Kreativworkshops und Feedbackrunden an der Entwicklung beteiligt.
So stellen wir sicher, dass das Spiel auch an den tatsächlichen Bedarfen der Zielgruppen ansetzt und ihre Ideen und Vorstellungen einbezogen werden. Darüber hinaus können die Expert:innen aus verschiedenen Bereichen ihre unterschiedlichen Blickwinkel auf Themen wie beispielsweise ‚Berufe und Karrieren in der Bioökonomie‘ einbringen. Über diese ‚Spielmission‘ wollen wir heute sprechen, in die stellenwerk seine Jobexpertise in den Workshops einbringen kann.
Alexander: Warum habt ihr Serious Game als Informationsträger ausgewählt, um diese Inhalte zu transportieren? Wo seht ihr Vorteile zu anderen Medien?
Tabea: Spielen ist essenziell für Lernprozesse und Entwicklung, bei Kindern ist das besonders offensichtlich. Über unser Serious Game nehmen die Nutzer:innen Informationen über Bioökonomie und Nachhaltigkeit im Alltag nicht nur passiv auf, sondern sie wenden das Gelernte spielerisch an. Sie können sich ausprobieren, werden durch Erfolge motiviert, dürfen aber auch Scheitern und Fehler machen. Da es ein Community Multiplayer Game ist, kann das Spiel auch mit Freund:innen und anderen Spieler:innen zusammengespielt werden, so werden Kooperation und Teamgeist gefördert. Und mit Spaß lernt es sich sehr viel leichter und effektiver.
Alexander: Habt ihr dabei eine bestimmte Zielgruppe im Blick?
Tabea: Mit der Spielmission ‚Berufe und Karrieren der Bioökonomie‘ adressieren wir vor allem junge Erwachsene in der Berufsorientierung, die einen Job mit Sinn suchen und sich für Nachhaltigkeit und Innovation interessieren. Da die Berufswelt der Bioökonomie besonders vielfältig ist und von Landwirt:in über Forscher:in bis hin zur chemisch-technischen Assistent:in reicht, ist das Spiel für Personen mit verschiedenen Bildungswegen, Interessen und Qualifikationen gleichermaßen interessant.
Wir richten uns auch an Personen, die sich beruflich umorientieren wollen oder müssen, denn Bioökonomie kann im notwendigen Strukturwandel Innovationstreiber sein.
Alexander: Trotz eines gestiegenen Bewusstseins für Nachhaltigkeitsthemen in der Öffentlichkeit konnte das Thema Bioökonomie noch keinen so hohen Bekanntheitsgrad erreichen, wie beispielsweise erneuerbare Energien. Wie kann Allthings.bioPRO aus Deiner Sicht dazu beitragen, diesen Bereich geläufiger und vor allem als attraktives Berufsfeld zu etablieren?
Tabea: Bioökonomie als Begriff ist noch relativ jung und daher wenigen Menschen bekannt. Zudem ist spürbar, dass es sich um ein politisch und industriell gefördertes Wirtschaftsmodell handelt; in der Wissenschaft ist das Themenfeld bereits deutlich geläufiger als in der Öffentlichkeit. Seit ein paar Jahren wird es zudem intensiv gefördert, beispielsweise war Bioökonomie Thema des Wissenschaftsjahres 2020/21. Der zunehmende Bekanntheitsgrad wurde auch gegenüber Ergebnissen aus älteren Projekten im Wissenschaftsladen deutlich.
In unseren Beteiligungsformaten haben wir festgestellt, dass Bioökonomie für viele ein sehr vages, komplexes und abstraktes Konzept ist: In ihrer Vielfalt liegt einerseits sehr viel Potential, andererseits kann sie auch herausfordern oder überfordern. Diese Erkenntnisse decken sich auch mit anderen Forschungsergebnissen ‒ an den genannten Knackpunkten möchten wir mit unserem Spiel ansetzen. Wir wollen Bioökonomie raus aus der Forschung und rein in den Alltag der Menschen bringen. Außerdem wollen wir sie konkret, greifbar machen und die Vielfalt des Berufsfelds – oder besser gesagt der verschiedenen Berufsfelder – aufzeigen. Wie bereits gesagt, sprechen die unterschiedlichen Berufszweige und Jobprofile eine Vielfalt an Menschen an.
Alexander: Welche Berufsfelder gibt es in der Bioökonomie und was zeichnet sie aus?
Tabea: Zahlreiche Berufe sind nicht erst in den letzten Jahren entstanden, wie man vermuten könnte. Im Gegenteil: Traditionelle Jobs machen in der Bioökonomie einen enormen Teil aus. Weil die hochautomatisierten Verarbeitungsanlagen oft ähnlich sind – ob biobasiert gearbeitet wird oder nicht – sind die Eintrittsbarrieren für Personen in der beruflichen Umorientierung, die vom Strukturwandel betroffen sind, geringer. Im Spiel werden wir aber nicht nur die verschiedenen Berufsfelder der Bioökonomie aufzeigen, sondern die Spieler:innen können außerdem berufsübergreifende Kompetenzen und Superkräfte entwickeln, die sie für den Beruf sowie darüber hinaus befähigen. Um unsere Wirtschaft nachhaltig zu gestalten, brauchen wir fächerübergreifende Zusammenarbeit, Empathie, Kreativität, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit und funktionierende Kommunikation – diese und andere Fähigkeiten sind längst nicht nur im Beruf gefragt, sondern für die Einzelne sowie für zukunftsfähige Gesellschaften zentral.
Alexander: Das hört sich sowohl für Unternehmen und Universitäten als auch für Studieninteressierte nach einer spannenden Möglichkeit an, die Bedeutung von Bioökonomie erfahrbar zu machen. Was sind die nächsten Schritte bei Allthings.bioPRO?
Tabea: Bis Mai diesen Jahres setzt unser Team von Spielentwickler:innen die in den Workshops entwickelten Spieldesigns um, konkret werden etwa die Spielmechaniken entwickelt, die Avatare designed und die Spielwelt entworfen. Dann finden weitere Co-Design Workshops statt, in denen wir mit den Beteiligten vor allem Spielinhalte, wie etwa Quizfragen, generieren. Außerdem können Interessierte, an der Entwicklung Beteiligte bereits eine erste Spielversion testen und uns ein Feedback geben. Etwas später wird die Beta-Version auch von Personen getestet werden können, die nicht am Kreationsprozess teilgenommen haben. Im Jahr 2023 soll das Serious Game dann veröffentlicht werden.
Alexander: Und wie wird das Game heißen? Gibt es schon einen Namen?
Tabea: Einen Namen hat das Spiel noch nicht, in den ko-kreativen Workshops wurden aber bereits einige Titel für die verschiedenen Minispiele gebrainstormt. In der Mission ´Berufe und Karrieren´ kam beispielsweise der Titel ‚Jobs (and Skills) for Future‘ auf. Alexander: Das klingt vielversprechend. Herzlichen Dank, dass du uns einen Einblick in die Entwicklung des Serious Games Allthings.bioPRO gegebenen hast. Ich freue mich schon auf den nächsten Co-Creation Workshop mit euch!
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